01 Zukunft arglistig auszuweichen; aber es hat wohl niemals eine rechtschaffene 02 Seele gelebt, welche den Gedanken hätte ertragen können, daß 03 mit dem Tode alles zu Ende sei, und deren edle Gesinnung sich nicht zur 04 Hoffnung der Zukunft erhoben hätte. Daher scheint es der menschlichen 05 Natur und der Reinigkeit der Sitten gemäßer zu sein: die Erwartung der 06 künftigen Welt auf die Empfindungen einer wohlgearteten Seele, als umgekehrt 07 ihr Wohlverhalten auf die Hoffnung der andern Welt zu gründen. 08 So ist auch der moralische Glaube bewandt, dessen Einfalt mancher 09 Spitzfindigkeit des Vernünftelns überhoben sein kann, und welcher einzig 10 und allein dem Menschen in jeglichem Zustande angemessen ist, indem er 11 ihn ohne Umschweif zu seinen wahren Zwecken führt. Laßt uns demnach 12 alle lärmende Lehrverfassungen von so entfernten Gegenständen der Speculation 13 und der Sorge müßiger Köpfe überlassen. Sie sind uns in der 14 That gleichgültig, und der augenblickliche Schein der Gründe für oder 15 dawider mag vielleicht über den Beifall der Schulen, schwerlich aber etwas 16 über das künftige Schicksal der Redlichen entscheiden. Es war auch 17 die menschliche Vernunft nicht gnugsam dazu beflügelt, daß sie so hohe 18 Wolken theilen sollte, die uns die Geheimnisse der andern Welt aus den 19 Augen ziehen, und den Wißbegierigen, die sich nach derselben so angelegentlich 20 erkundigen, kann man den einfältigen, aber sehr natürlichen Bescheid 21 geben: daß es wohl an rathsamsten sei, wenn sie sich zu gedulden 22 beliebten, bis sie werden dahin kommen. Da aber unser 23 Schicksal in der künftigen Welt vermuthlich sehr darauf ankommen mag, 24 wie wir unsern Posten in der gegenwärtigen verwaltet haben, so schließe 25 ich mit demjenigen, was Voltaire seinen ehrlichen Candide nach so 26 viel unnützen Schulstreitigkeiten zum Beschlusse sagen läßt: Laßt uns 27 unser Glück besorgen, in den Garten gehen und arbeiten!